Initiative Celle

Neuer Gewerbeverein Initiative Celle – jetzt bereits gescheitert

15. Februar 2017
Celle hat einen neuen Gewerbeverein mit dem sperrigen Namen Initiative Celle. Warum lernt Celle eigentlich nicht aus früheren Fehlern?

Kleine und mittlere Städte haben es derzeit schon nicht leicht. Junge Leute zieht es raus aus der Stadt, mit ihnen geht Innovation, Ideen und Power. Zurück bleiben alte Leute, eingefahrene Kaufleute, gestrandete Verlage und frustrierte Kommunalbeamte. Wir machen es gerne an der Stadt Celle fest. Das kann aber auch auf Hameln, Goslar, Glückstadt oder andere Städte in Deutschland zutreffen. Wir nehmen Celle.

Das Internet verändert alles.

Es ist ja schon ein paar Tage alt, das Internet. In den meisten Städten konnte man ihm erfolgreich ausweichen. Diese Zeit scheint jedoch langsam zu Ende. Das Internet hinterlässt Spuren und zwar deutliche und das, obwohl es ja kaum genutzt wird in Celle. Online-Shops gibt es wenige und das Zusammenspiel von Internet und stationärem Handel hat kaum einer Begriffen. Der Leerstand greift auch in guten Lauflagen um sich. Spuren, die weh tun und die Lebensqualität verändern.

Gleiche Gesichter, gleiche Machart.

Versuche, einen funktionierenden Gewerbeverein aufzubauen, gab es viele. Einig war man sich immer nur, dagegen zu sein. Man war gegen ECE, gegen GEDO und versprach mit Celles Mitte, auch so ein Gewerbeverein, oder dem Celler Citymanagement blühende Landschaften. All das ist ausgeblieben, weil man leicht gegen etwas sein kann und einen millionenschweren Investor schnell aus der Stadt treiben kann. Etwas aufzubauen ist jedoch schwer, noch schwerer sich in alten Häusern zu modernisieren.

Nun hat sich Initiative Celle gegründet. Und man muss kein Fuchs sein, zu wissen, wer dahinter steht: Ein Zeitungsverlag, der vermutlich die 250 Jahre nicht mehr voll machen wird und die letzten in Celle verbliebenen Großkonzerne wie Karstadt. Die Auflage ist mittlerweile unter 27.000 Exemplare gesunken.

Stutzig wird man jedoch auch, wenn man auf dem Gründungsversammlungsfoto bekannte Gesichter der IHK Lüneburg-Wolfsburg sieht oder die in Celle üblichen Technik-Bremser „Internet brauchen wir nicht“.  Ach, auch ein schöner Satz eines Ladeninhabers von vorletzter Woche, der auf dem Foto abgebildet ist: „Sie haben Internet? Dann brauchen Sie bei mir nicht zu kaufen.“ Nicht fehlen darf natürlich auch die Kommune in Form eines SPD-Mitglieds, wo wir ja in Celle ab Ende Februar CDU-Zeiten haben.

Das mutet alles sehr seltsam an, passt aber in das Gesamtbild, dass die IHK und die Kommune in den letzten Jahren in der Innenstadt abgeliefert haben. Der Gründungszeitpunkt ist vermutlich auch eher nicht spontan, da ja der Oberbürgermeisterwechsel Ende Februar 2017 ansteht. Was soll aus dem Verein nur werden? Soll er einen Gegenpol gegen den neuen Bürgermeister setzen oder versucht jemand im Amt für Wirtschaftsförderung seinen Posten zu retten?

Warum sind solche Gewerbeverein nur selten erfolgreich in Celle?

Der Grund liegt auf der Hand. Alle Beteiligten sind keine Profis im Bereich Stadtentwicklung oder Unternehmensmodernisierung. Gerade die IHK versagt in diesem Bereich laufend und verwaltet nur Zwangsgebühren. Sie ist noch nicht mal in der Lage, das duale Ausbildungssystem auf einen passenden modernen Level zu heben.

Stadt-Marketing ist nicht Tourismus-Management und man muss ein wenig mehr KnowHow haben, als Facebook richtig bedienen zu können. Insbesondere dann, wenn es um Sichtbarkeit von Unternehmen der Stadt geht.

Die Stadt hat nie Geld und meistens keine Fachleute. KnowHow muss dazu gekauft werden. Aber auch dafür hat man selten Geld oder man bekommt schlicht keine Fachleute, weil die Stadt zu unattraktiv ist.

Bleiben die Unternehmer selbst, die als Einzelhändler meistens eher schlecht ausgebildet sind und nie Zeit haben. Über die Organisation eines Stadtfestes oder eines verkaufsoffenen Sonntags geht das Engagement, wenn es um tatsächliche Zeit geht, nicht hinaus.

Nur Unternehmen, die ein direktes wirtschaftliches Interesse an einer positiven Stadtentwicklung haben, sind meistens auch bereit, nicht nur Zeit, sondern eben auch Geld zu investieren. Daran fehlt es in kleinen und mittleren Städten jedoch oft, da eben Einzelhändler kaum Fachleute sind und man die Chancen, die man hat, schon früher verpasst hat oder schlicht nicht ausreichend Ausbildung hat, um Chancen zu erkennen oder auf Ratschläge Dritter zu hören, die eben insbesondere im Fall Celle massiv jahrelang vorgetragen worden sind.

IHK Lüneburg-Wolfsburg der ewige Bremser.

Noch nie war es gut, die IHK irgendwo mit im Boot zu haben. Sie ist massiv in der Kaufmannschaft umstritten und hat sich auch bei GEDO und ECE nicht klar positioniert. An sich glänzt sie kommunal nur im wirtschaftspolitischem Versagen und ideenlosem Agieren. Niemand braucht die IHK mehr und so ein Gewerbeverein täte gut daran, nach hanseatischem Vorbild in Hamburg, die IHK dauerhaft auszuladen. Würde man die IHK-Zwangsmitgliedschaft endlich beenden, wären die Celler Betriebe auch problemlos bereit, eine Abgabe für die Entwicklung der Innenstadt zu bezahlen. Besser angelegtes Geld, als den hochdotierten IHK-Pfeffersäcken eine nicht verdiente und viel zu hohe Pension zu ermöglichen.

Cellesche Zeitung verschläft die Zeit.

Die Initiative ist vermutlich stark durch das Engagement der Celleschen Zeitung entstanden. Anders kann man als aufmerksamer Leser die aktive Berichterstattung und den Ort der Gründungsversammlung im Verlagshaus nicht interpretieren. Auch hier muss man stutzig werden, welches wirtschaftliche Interesse eigentlich ein Zeitungsverlag hat, der mit einer Tageszeitung ja vermeintlich unabhängig sein will, an so einem Gewerbeverein.

Ist das Engagement der Celleschen Zeitung ggf. auf die Anbindung an STELLWERK zurückzuführen? Ist die Tageszeitung gar nicht so unabhängig, sondern will massiv das Anzeigengeschäft sowie das sonstige Mediengeschäft – Monitore vermieten sie ja schon für Schaufenster – ankurbeln? Ist es nicht ggf. an der Zeit, dass sich der Celler Leser anderen Medien zuwendet, die ja mittlerweile ausreichend vorhanden sind, und eben nicht mehr seiner Tageszeitung vertraut? Oder hat er das längst getan und die Cellesche Zeitung lässt uns darüber im Unklaren? Wie sieht es eigentlich mit der Bilanz der Celleschen Zeitung aus? Was wissen wir Celler eigentlich darüber? Gar nichts. Darüber wird nicht gesprochen.

Der Celleschen Zeitung täte es als Traditionshaus gut, wenn sie sich der Medien-Konvergenz widmen würde, anstatt zu versuchen, im Wirtschaftsleben wie ein Einzelhändler zu funktionieren. Das ist nicht ihre Aufgabe. Niemand braucht eine solche Zeitung.

Quo vadis Initiative Celle?

Ganz schnell kommt man beim Zusammenzählen aller Variablen zur Initiative Celle zu dem Schluss, dass es wieder mal niemand begriffen hat, worum es eigentlich geht. Wir brauchen keine Vereinsmeierei mehr in Celle mit lauter „tollen Ideen“, die man jetzt erst mal „sammeln will“. Wir brauchen keine IHK mehr in Celle, die sich lange aus dem Innenstadtbereich zurückgezogen hat. Wir brauchen eine starke Stadt, die mit konvergenten Konzepten und gezielten Wirtschaftsförderungsmassnahmen die Infrastruktur und das Angebot nach vorne bringt. Alle anderen können sich dem anschliessen oder es sein lassen.

Anzumerken ist auch, dass natürlich die Stadt Celle und die IHK Interessenvertreter aller Celler Unternehmen sind, nur handeln sie eben nicht so. Sie lassen sich aber von allen bezahlen. Nur ein winziger kleiner Teil der in der Innenstadt ansässigen Unternehmen hat überhaupt mitbekommen, dass sich so ein Verein Initiative Celle gründete und es war auch kaum jemand eingeladen zur Gründungsversammlung. Das macht einem schon Sorgen, wenn eine Minderheit versucht, unsere Stadt kaputt zu machen und damit seit Jahren in ähnlicher Form auch erfolgreich ist.

Führung ist angesagt. Herr Oberbürgermeister führen Sie und bringen Sie die Stadt in das Jahr 2017, auch gegen den Widerstand der Unternehmer, die wieder einmal nicht begriffen haben, dass Celle keine Ansammlung von glücklichen Fachwerkhaus-Boutiquen-Betreibern ist, sondern der harte Wettbewerb zu Amazon, Ebay und anderen lange Realität ist. Celle ist mehr als Marchelle, IHK oder ein kriselnder Zeitungsverlag. Schaffen Sie Sichtbarkeit, Stabilität und Vertrauen. Damit ist dem Celler Einzelhandel mehr geholfen, als eine erneutes Aufflammen von einzeln handelnden Einzelhändlern im scheinbaren Schutz eines Vereins Initiative Celle, den niemand braucht.

Ãœber Immo W. Fietz

Immo W. Fietz, Jahrgang 1970, ist gelernter Programmierer, studierter Jurist und Betriebswirt sowie Sachverständiger für Neue Medien. Hier schreibt er als leidenschaftlicher eCommerce-Spezialist der ersten Stunde über tägliche Probleme im Online-Handel und der Verknüpfung von stationärem Handel mit dem Internet, lokale Marktplätze, Stadtentwicklung in der Digitalisierung und politische Rahmenbedingungen des eCommerce.

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